Idyllisch Picknick auf dem Weinberg

Ein bisschen fühlt man sich wie der Gutsbesitzer höchstpersönlich, wenn man zwischen den Rebstöcken auf einer Holzbank sitzt, die Füße im Acker, und zu einem Stück Käse und ein paar Oliven die Tropfen der letzten Ernte goutiert. Solch eine Vesper im Weinberg versprüht ihren ganz eigenen Charme.

Mallorca: Picknick auf dem Weinberg
Foto: Mallorca geht aus

Die Bodega Santa Catarina liegt in einer für Weingüter recht untypischen Gegend Mallorcas. Wir fahren mit dem Leihauto in den äußersten Südwesten der Insel. Zwischen Andratx und Es Capdella schmiegt sich der Hof mit seinen rund 15 Hektar großen Weinbergen zwischen die steinigen Ausläufer des Tramuntana-Gebirges. In Santa Catarina wird noch viel von dem ursprünglichen Charme kultiviert, der ein kleines Weingut ausmacht.

Der Gutshof ist der perfekte Ort für Weinliebhaber, die ihren Rebsaft gerne dort kosten, wo er hergestellt wird. "Wir hatten von Anfang an Besucher, die nur für ein Glas Wein von Palma zu uns rausgefahren sind", erzählt Lena-Luiza Hertle, die von allen Lena genannt wird. Die Betriebswirtin und Sommelière mit dem hübschen Lächeln und blonden Haar wuchs auf Mallorca auf und führt die 1985 gegründete Bodega mit viel Leidenschaft. Für die Gäste aus der Stadt stellte sie vor dem Weinkeller Tische und Holzbänke unter einer großen Steineiche auf. Hier kann man in Ruhe einen Merlot oder Cabernet Sauvignon genießen, gleich neben den Reben, mit Blick ins grüne Tal.

Schnell entstand die Idee, ein Picknick mitten im Weinberg anzubieten, um das Erlebnis Wein noch erfahrbarer zu machen. Für solch ein Picknick meldet man sich rechtzeitig an, dann ist alles vorbereitet, wenn man auf dem Weingut eintrifft. Statt mit Picknickkorb gleich ins Feld zu ziehen, lässt man sich zuerst die Bodega zeigen. Im Weinkeller mit Deckengewölbe ist es auch im Sommer angenehm kühl. Das Gebäude wurde aus dicken Marest-Steinblöcken gemauert, es herrscht das ganze Jahr über eine Luftfeuchtigkeit von 80 Prozent. Das ist wichtig für die Eichenfässer, die hier gelagert werden. Die Sandsteinmauern nehmen in den Wintermonaten etwa 20 Tonnen Wasser auf und geben sie das Jahr über an den Keller und die Holzfässer ab — eine natürliche Klimaanlage. Rund 100.000 Flaschen werden auf Santa Catalina jährlich produziert mit Trauben von weiteren 45 Hektar Anbaufläche in der Nähe von Sineu und Sencelles.

Nach der Kellerbesichtigung wählt man seinen persönlichen Wein fürs Picknick aus. Beliebt sind die "Oras del sol"-Weine, benannt nach der Anzahl der Sonnenstunden des jeweiligen Jahrgangs. 2012 wurden 3.024 Sonnenstunden auf Santa Catarina gezählt, wir entscheiden uns für den "Oras del sol 3024" (Rosé und Weiß). Schnell ist der Picknickkorb komplett, zum Rebsaft gesellen sich ein Baguette, Serrano-Schinken, Chorizo-Wurst, Käse, Oliven, Olivenöl von der eigenen Finca und Wasser. Dazu kommen Teller, Besteck und langstielige Weingläser.

Mit Sonnenhut, Tischdecke und Weinkühler in der Hand spaziert man in den Weinberg. Insgesamt drei Anbauflächen auf unterschiedlichen Ebenen lassen sich erwandern. Wir wählen einen Platz mit Tisch und Bänken am Waldrand aus und decken die Tafel unter dem schattigen Blätterdach einer wilden Olive. Anschließend wird angestoßen, auf das tolle Panorama, den köstlichen Wein und das Leben an sich.

"Auf diesem himmlischen Flecken Erde kultivierten die Mallorquiner bereits vor 200 Jahren Wein", erzählt uns Lena. Bis die Reblaus 1896 über die Insel herfiel und alle Weinfelder zerstörte. Die freien Flächen bepflanzten die Einheimischen mit Mandelbäumen, erst Anfang der 80er Jahre bauten sie auch wieder verstärkt Wein an. Direkt vor unserer Nase wachsen zum Beispiel Trauben der Sorte Cabernet Sauvignon. Auffällig sind die oberarmdicken Stämme der 30 Jahre alten Reben. Diese Pflanzen müssen bald ausgetauscht werden, denn mit dem Alter der Reben nimmt zwar ihre Qualität zu, doch gleichzeitig ihr Ertrag ab. Gepflückt werden die Trauben per Hand, denn der Weinberg ist zu klein für große Maschinen. Nur ein schmaler Traktor hat Platz, um die vollen Erntekörbe vom Feld zur Bodega zu transportieren.

Die Trauben werden zu jungen Weinen verarbeitet, einige auch im Eichenfass für zwei Monate bis zwei Jahre zu Crianza und Reserva ausgebaut. "Auf Santa Catarina stellen wir fröhliche Weine her, keine schweren, traurigen Tropfen", sagt Lena. Ein Gran Reserva, der mindestens drei Jahre im Fass reift, würde an Frucht verlieren und geschmacklich zu sehr vom Eichenholz dominiert. Unter Weinliebhabern gibt es da sicherlich geteilte Meinungen. Wir jedenfalls fühlen uns so, wie der Wein auf Santa Catarina schmecken soll: fröhlich. Angenehm satt strecken wir unter dem Olivenbaum alle Viere von uns und hören dem Singsang der Zikaden zu. Bleiben dürfen wir so lange, bis wir genug haben — von der Natur, der Ruhe, dem Ausblick. Oder bis spätestens 18 Uhr, dann schließt die Bodega. Bis dahin probiert man vielleicht noch ein Glas vom Merlot 2009.

Dieser Artikel stammt aus Mallorca Geht Aus, dem Magazin für Genuss- und Gourmet-Urlaub aus dem Hause der Rheinischen Post Mediengruppe. Noch mehr spannende Artikel rund um die beliebte Balearen-Insel finden Sie im aktuellen Heft. Bestellen Sie hier

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